Alp´n´Gold, das Buch zum Blog!

Hallo meine lieben und treuen Blogleser!

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Ich freue mich über Ihre Buchbestellung, Ihre Tintenfee, Helga F. Würtz

Freitag, 22. April 2011

Frau Fröhlich

In aller Herrgotts-Früh’ geht’s heute los mit meinem Frauchen. Auch die Taschenlampe ist „angezogen“, weil’s noch dunkelt im Tal. Ich könnt’ alles anbeißen wie Hundekuchen, so mag ich dieses kleine Flecklein Österreich. Es ist vor 6.00 Uhr, über Nacht alles pulvrig angeschneit. Spüre wieder das Beißen der wilden, unsichtbaren Kobolde auf meinem Buckel. Frauchen weiß darüber, sobald sich meine Haare zu einem kleinen „Kamm“ bürsten, so schlagen sie tobend um sich. Aber das ist nur Vorfreude pur, wenn ich gleich nach dem Wachwerden schon meine beste Freundin GINA besuchen darf. Da muss man früh dran sein, sonst ist sie mit ihrem schaffigen Bergbauer weiter auf einer „anderen Baustelle“. Bin gerade mit List dabei, mein Häufchen mit viel Kraft anzuhalten, weil ich in Zeitnot bin. „Endlich verschlupft“ – und schon sind wir beim alten Heuschober, und irgendwie ist heute alles seltsam anders.

Wir haben Ginas vertrautes Revier im Blickfeld, worüber sie verlässlich wacht. Aber meine Liebe ist weit und breit nicht zu sehen. Auf unser mehrmaliges Rufen hin kommt sie nicht wie gewohnt auf uns zu. Mein Frauchen schickt ständig neue Lockrufe. Hoffentlich ist ihr nichts zugestoßen, sind wir in Sorge und schauen uns in die Augen. Wir hören Kühe muhen und sind aufgebracht, was da sein wird. Doch jetzt entschließe ich mich, Gina entgegenzueilen und ihrem „heiligen Stall“ zu nähern. Zur Aufgabe der Familie Appenzeller gehört es, Stall und Kühe als mutiger Wächter zu hüten. Gott sei Dank kommt sie gerade angerannt und schafft es noch, einen Überkopf-Sturz glimpflich auszubalancieren. Ist sie doch körperlich unschlagbar, meine Gute. Sie wirkt aufgeregt, zwischendurch mit ungewohntem Lautgeben. Dann macht sie wieder kehrt Richtung Stall. Und erneut ein Umdrehen zu meinem Standort. Gina als gewissenhafter Hüter und Viehtreiber scheint heute nahezu aus der Spur. Schneidig düst sie in neuem Anlauf weiter über den abschüssigen Schihang, mit wehenden Ohren, und bremst direkt und gekonnt vor mir ab. Mein Frauchen winkt mit einem Leckerle, doch sie wendet ihren Kopf zur Seite. Einfach treu und unbestechlich. Mordsmäßiges muss in ihrem Hirnkästchen vor sich gehen. Hoffentlich ist ihrem Herr nichts zugestoßen.

Frau "Fröhlich" bei der Prämierung
Hastig und pustend klagt sie, mich am Vortag vermisst zu haben, weil sie gar viel zu melden hat. Ginas Fraule  muss dem Bauer grad  tüchtig zur Hand gehen mit besondriger Feinarbeit. Es geht um Frau Fröhlich. Sie kommt jeden Moment die Senkrechte über die Piste runter, und das ausgerechnet bei Neuschnee. Auf keinen Fall darf sie mit ihren klumpigen Füßen einsinken und sich Knochen abreißen. Drum bumbert es ganz fest unter Ginas weißem Fellabzeichen. Und sie ist sooo froh, dass ich mit on tour bin. Gekonnt schleckt sie meine Lefzen, und schon tropft mir links und rechts der Sabber raus, so freut sich das tierische Seelenhäutchen. Mit Wagen und Hänger muss die Fröhlich zwei Stunden gefahren werden, ganz hinter dem mächtigen Ifenplateau vorbei, weil wir Walser zur „Mutter Österreich“ ganz um die Bergkette herumfahren müssen. Drum sind mir ja auch so was Bsondriges. Und schon kann man die Bauersleute sehen, wie sie gschaftig und behutsam ihr Mutschele, am Kälberstrick gesichert, nach unten führen. Der Bauer voraus und die Bäuerin direkt hinter Fröhlichs Schwanz, immer sanft tätschelnd und mit ein wenig Rückenwind. Die braunfarbige Landschaftspflegerin scheint erregt und bleibt zwischendurch mal muhend stehen. Vom Stall oben hören wir ihre Kollegen, wie sie der Fröhlich bereits im Vorfeld zujubeln auf ein gutes Gelingen, denn es geht  zu einer wichtigen Schau, dem Laufsteg für Kühe.

Gina muss der Fröhlich engen Beistand leisten mit ihrer Stärke für Auf- und Abtrieb, indem sie mit ihr Spur läuft durch das Frischgeschneite. Und jetzt macht Fröhlich einen verdienten Zwischenstopp. Das nutzt Gina für eine nächste Erzählpause, dass Fröhlich eigentlich eine ganz schüchterne Milchkuh ist. Sie musste ihr seit heute früh viel gut zureden und Mut machen. Verwunderlich, weil gestern hat sie sich noch richtig wichtig gemacht, dass sie als einzige aus der Schwand-Box zum Schautag darf. Die ganze Nacht hat sie nicht geschlafen und im Stehen verbracht. Nur weil sie sich nicht mehr schmutzig machen wollte für diese Premiere. Denn ich habs genau gesehen, dass sie sogar ein bizle „Dünnpfiff“ hatte bei so viel Herzklopfen. Aber habe alles schön mit Holzspäne verscharrt, damit der Bauer nichts merkt. So was lernt nur einer der Appenzeller-Familie. Ebenso wurde unermüdlich Hinlegen und Aufstehen geübt. Wir mussten sie schon heimlich belächeln. Dann ist sie nach einer Ruhepause im Stall auf und ab gelaufen, um für einen extra schönen Gang zu üben. Auch die Fußpflege hat sie nicht vergessen und uns ihre Klauen immer wieder zum Bewundern akrobatisch hochgehalten. Alle Stallbewohner hatten wir eine fast schlaflose Nacht mit ihrem „Gschiss“. Gina wurde unaufhörlich angefleht, das Euter zu belecken, damit alles blitzeblank sei. Besonders DAS hat gut auszusehen, ähnlich wie bei den Leuten. Sie hat schon ein bissle gscheit getan. Zum Glück hat der Bauer nichts bemerkt. Weil so hoffärtig und gar noch wichtelhubern, das kann er nicht verputzen. Seit ihrer Vorauswahl bildet sie sich schon ein, hier die Schönste zu sein. Sie zeigt sich auch etwas erhaben, seitdem es nicht mehr geheim ist, dass sie mehr an Milch liefert wie manch Andere. Aber Fröhlich-Milch schmeckt wirklich am besten und fühle mich auch ganz schnell stark danach. Außerdem sind wir hier über 1000 meter Höhe, da wo die Milch sowieso am besten ist. Auch viele andere Milchfans belobigen starke Knochen und Muckis von Fröhlichs Milch, mit der richtigen Portion an Eiweiß, net zu viel und net zu wenig. Alles genau richtig bei ihr.

Die Walser Prachtkuh ist zudem sportiv mit ihrer Leistung, wie sie über den Steilhang durch Neuschnee gewichtig nach unten watscheln kann. Denn nicht jeder Bauer hat seinen Stall nur einen Steinwurf von daheim entfernt. Sie hat ganz viel Glück, einem echten Walser Original in diesem Paradies zu gehören, mit besonders viel Herz, Liebe und frommer Verbundenheit für die Natur und sein geliebtes Braunvieh.

Ich hab’ mich soooo auf ein Spielchen und bizle viel Schmusen mit meiner besten GINA gefreut. Doch dafür bleibt heute wirklich keine Zeit. Schade. Auch ich drücke alle vier Pfoten, dass Frau Fröhlich viel Spaß hat und eine Scherpe mitbringt. Sie ist ja auch verrückt hübsch mit ihren tollen langen Wimpern. Doch da lacht mich Gina aus und verpasst mir einen heftigen Stubser, dass ich fast umfalle.

Und schon läuft Fröhlich ganz hurtig das letzte Stück durch den Schnee bis zu ihrem Hänger. Jetzt hat die Kopflosigkeit ein Ende – sie stakst hinein – wie auf einem roten Teppich. Ein Rupfen feinstes Heu steht bereit, und sie ist voller Vorfreude auf den heutigen Auftritt.

Wir Daheimgebliebenen stehen da und schauen ihr nach, unserer „Königin der Walser Berge“, bereichert mit viel Herz und Liebe – durch ihren glücklichen Walser Bergbauer. Und wir sind uns sicher, die Fröhlich wird gefallen – wenn sie mit anderen Mitbewerbern vorgeführt wird: sauber, natürlich und vielleicht noch geschmückt mir einer Walser Glocke.

Eure treuen Walser Weggefährten Gina und Amy